Wandern Waldviertel: Gars – Schanzberg – Schimmelsprung – Buchberg im Kamptal
Frühmittelalterliche Höhensiedlung eines slawischen Fürsten, markante Burgruine mit grandioser Aussicht und imposantes Schloss – all das bietet diese rund elf Kilometer lange Rundwanderung in den Wäldern und auf den Höhen rund um Gars am Kamp.
Und das an einem Tag, wo wir uns lange (während des ganzen Frühstücks…) nicht sicher waren, ob wir überhaupt aufbrechen sollen. Einer jener Jännertage, wo die Wolken tief hängen, die Temperatur ein wenig unter dem Nullpunkt liegt und die Natur nur mini-mini-leicht angezuckert mit Schnee ist. Mehr Grau in Grau als schönes Wetter.
Nur: worauf warten? Nicht, dass ihr jetzt denkt, wir zwei sind aus Zucker und nur „Schönwetterwanderer“. Es sind die Fotos, um die es uns geht. Wir möchten Lust auf eine Wanderung machen, eine Region euch ans Herz legen – da ist es halt irgendwie ungerecht, wenn eine Wanderung bei Top-Wetter mit einer bei so „Naja“-Wetter konkurriert. Aber auf der anderen Seite können wir ja nicht nur bei Sonnenschein starten. Und schön ist es in der Natur immer: Die frische Luft ist herrlich und tut uns gut. Die heutige Tour schafft es, alle Zweifel über Bord zu werfen: die sanften, gedämpften Farbnuancen spielen ihr ganz eigenen Konzert, schaffen eine besondere Welt, die nicht minder schön ist wie die farbprächtige Schwester!
Kurzfassung
Weglänge: 11,3 km
Höhenmeter Anstieg: 405 hm
Durchschnittliche Gehzeit: 4:00 – bedenkt hier immer, dass dies die reine Gehzeit ohne Pause ist! Am besten mal mit diesen Werten (und genügend Pufferzeit) vergleichen und so seine eigene Durchschnittszeit berechnen, kann schneller, aber natürlich auch langsamer sein!
Schwierigkeit: meist breite Waldwege, aber auch schmale Pfade. Bei Glatteisgefahr lieber die Spikes mitnehmen – wir hatten sie im Rucksack, aber nicht gebraucht.
Kondition: die Höhenmeter sind gemütlich verteilt und auf zweimal, einmal am Beginn und dann nach der Ruine.
Markierung: perfekt markiert mit gelben Pfeilen und auf den Bäumen
Weg-Alternativen: verschiedene Möglichkeiten zum Abkürzen
Parken: perfekter Parkplatz
Link: Parken
Landschaft/ Erlebnis/ Fotografie: Ruine, Kamptal, Bahn, Schloss……
Einkehr/ Rast: Viele Rastmöglichkeiten auf der Rundwanderung, in Gars diverse Lokale und Markt zum Einkaufen
Beschreibung unserer Wanderung im Kamptal
Durch das Kamptal geht es bis nach Gars, wo wir (von Krems kommend) bereits die Burgruine Gars auf der linken Seite sehen. Noch vor dem Ortskern biegen wir nach links ab, überqueren Brücke und Gleise und finden links einen großzügigen Parkplatz.
Von hier starten wir auf der Straße leicht bergauf, um dann gleich nach wenigen Metern wieder links auf die schmale Nebenstraße einzubiegen. Wenn sich diese teilt, folgen wir dem gelben Wanderwegweiser auf die rechte Seite und gehen so leicht bergauf bis ans Ortende. Das letzte Haus links hat am Ende des Grundes etwas sehr Lustiges: einen Bahnschranken, der sich offenbar auch wirklich wie ein Gartentor absenken lässt.
Im Wald führt uns der Weg immer weiter in angenehmen Steigungen bergauf – nach einiger Zeit besteht die erste Möglichkeit zur Abkürzung, später bietet sich noch ein zweites Mal die Chance. Wir bleiben auf der Hauptroute. Es ist ein typisch Waldviertler Mischwald, der uns hier umgibt. Vogerl singen und es ist herrlich ruhig.
Am Umkehrpunkt nahe des höchsten Punktes des Schanzberges geht es dann links wieder nach vorne Richtung Kamp – es ist eine gemütliche Forststraße, die uns zur ehemaligen Slawensiedlung bringt. Am Durchbruch durch die Wallanlage, dem Nordtor, findet ihr die ersten Infotafel und gleich dahinter die kleinen Holzhütten der Archäologen, die von 1965 bis 2003 hier immer wieder systematisch Grabungen durchgeführt haben.
Die Schanze ist ein seit der Jungsteinzeit besiedelter Bergrücken, so fanden die Forscher Spuren aus der Jungsteinzeit, der späten Bronzezeit und Überreste keltischer und germanischer Siedlungen – im frühen Mittelalter entstand hier eine Höhensiedlung eines unabhängigen Slawenfürsten. Geschützt wurde sie durch einen Wall, der aus einzelnen aneinander gereihten Holzkästen bestand, die innen mit Erde und Steinen gefüllt wurden. Vor den Holzkästen gab es eine Bruchsteinmauer. So war der Wall im Bereich der Schanze sechs Meter dick. Der eigentliche Wallkörper dürfte auf langen Strecken aber nur zwei bis zweieinhalb Meter hoch gewesen sein, unter Einbeziehung der Böschung entstanden jedoch trotzdem ohne enormen Materialaufwand beachtliche Wallhöhen. Die Siedlung dürfte rund 25 ha groß gewesen sein, etwa 1000 Menschen sollen zur Blütezeit hier gewohnt haben. Das Südtor weiter vorne rechts ist aus Holz rekonstruiert und so anschaulich. Der Durchgang ist schmal, und es dürfte als Nottor gedient haben, da nur Personen durchpassen, aber keine Reiter. Der Überbau erfolgte damals aus Eiche, die heutige Konstruktion jedoch aus Kostengründen aus Fichte.
Unser Weg führt uns nach vorne Richtung Kamptal – weitere Infotafel begleiten uns. Das Fundament der ältesten Kirche Österreichs nördlich der Donau befindet sich rechts des Weges. Es wurde 1986 freigelegt, vermutliche entstand die Kirche im 9. Jahrhundert nach karolingischem Vorbild. Mit dem Ende der slawischen Burg verlor auch die Kirche ihre Aufgabe und so wurden die Steinmauern zunehmend abgebaut und für den Bau der jetzigen Ruine Schimmelsprung verwendet. Der heilige Ort blieb der Bevölkerung jedoch in Erinnerung – zahlreiche ungetaufte Neugeborene wurden hier begraben und auch ein vermutlich im 10. Jahrhundert im Kampf gefallener Mann wurde hier bestattet.
Nach diesem interessanten Ort gelangen wir nach vorne an die Kante des Bergrückens, zu unseren Füßen liegt Gars und der Blick reicht an klaren Tagen weit in die Ferne. Heute erinnert mich Gerald, der vorne steht, an einen Wanderer über dem Nebelmeer. Weit ist die Sicht nicht gerade, aber wunderschön – Raureif liegt auf den Bäumen, der Kamp fließt ruhig zu unseren Füßen dahin und die Bäume spiegeln sich wider. Jeder Ast, jede Pflanze ist einem kleinen Kunstwerk gleich mit Eiskristallen verzaubert. Hier auf diesem freien Platz bietet es sich an, eine Pause einzulegen.
Wir verweilen nur kurz, folgen den perfekten Wegmarkierungen bis zur Ruine Schimmelsprung. Ein schmaler Pfad, der am Hang entlang läuft, bringt uns zu ihr. Zuerst sehen wir nur eine Mauer und rechnen schon mit der Größe der Reste wie beim Öden Schloss. Zu unserer Überraschung ist es aber eine große Ruine, die wir hier vorfinden. 1196 trug die Burg den Namen „altes Schloss Thunau“, erbaut aus den Resten der Slawensiedlung von Heinrich von Tumbenowe, eines Dienstmannes der Babenberger. Mit Ende des 14. Jahrhundert begann der Verfall der Anlage.
Den heute geläufigen Namen Schimmelsprung erlangte die Burg erst durch Legenden, die über sie erzählt werden. In einigen wird der Burgherr als Tempelritter bezeichnet, in anderen als Raubritter. Als herrschsüchtig und brutal gilt er aber in allen Geschichten, seine Untertanen soll er ausgebeutet haben. Doch diese wehrten sich und belagerten die Burg. Als der Ritter die Ausweglosigkeit seiner Situation erkannte, setzte er sich auf seinen Schimmel, gab ihm die Sporen und sprang in die Tiefe.
Nach diesem Eintauchen in die Legenden steigen wir hinunter ins Tal – es ist ein schmaler Weg, aber sehr gut zu gehen. Unten überqueren wir einen kleinen Bach. Es gibt eine provisorische Brücke, aber es reicht auch ein großer Schritt, um nicht nass zu werden. Danach folgt der zweite Aufstieg der heutigen Wanderung. Gemütlich geht es auf einem Forstweg hinauf, dann wenden wir uns am Umkehrpunkt nach links und gelangen so wieder Richtung Kamp.
Oben angelangt passieren wir eine (ehemalige?) Gärtnerei oder eine kleine Aussteiger-Siedlung, hier wäre in der Wanderkarte zwar ein direkter Abstieg (und damit eine Abkürzung) eingezeichnet, wir finden die Zustieg vor der Siedlung jedoch nicht. Und sind dann sehr froh, den alten Hohlweg oder die zwei dazu parallel verlaufenden eventuellen Wege nicht gewählt zu haben, da wir unten dann am Retourweg keine von oben einmündende Wege gesehen haben. Wenn es einige Höhenmeter Unterschied gibt und durchaus auch Felsen oder steile Passagen sein könnten, vertrauen wir lieber dem Hauptweg.
Der Forstweg bringt uns einfach hinunter in den Ort Buchberg und zu seinem imposanten Schloss. Was für eine Anlage! Vielteilig, spannend verschachtelt und offenbar sehr gut in Schluss liegt es auf einer niedrigen Felskuppe.
Die ersten urkundlichen Erwähnungen gehen auf das Jahr 1140 zurück, wo ein „festes Haus mit einer schützenden Ringmauer“ errichtet wurde. Heute ist es im Besitz von Gertraud und Dieter Bogner, die den Kunstraum Buchberg im Schloss installierten, einen lebendigen Mikrokosmos landschaftlicher, architektonischer, historischer und künstlerischer Räume. So gleicht kein Raum dem andere, jeder wurde von einem anderen Künstler interpretiert und gestaltet. Auch im Schlossgarten findet sich zeitgenössische Kunst wie der Glaspavillion.
Dieter Bogner zählt zu Österreichs profiliertesten Museumsplanern und gilt als großzügiger Kunstsammler.
Laut Webseite ist der Besuch zwischen Juni und Oktober gegen Voranmeldung per E-Mail möglich.
Vorbei am Schloss wandern wir Richtung Kamp – beim Kriegerdenkmal wenden wir uns nach links und folgen der schmalen Straße bergauf. Am Ende der Häuser geht es im Wald weiter – noch ein wenig bergauf, parallel zu den Zuggleisen. Im Wald, wenn es schon wieder bergab geht, überrascht uns eine weitere Ruine, das Klösterl. Nur mehr eine Mauer, die extrem nahe am Abhang zur Bahn steht, zeugt von der einstigen Anlage. Und meine Vermutung über diesen ungewöhnlichen Ort, so nahe am Abhang, finde ich nun beim Recherchieren bestätigt: der Großteil der Ruine wurde beim Bahnbau gesprengt. Erbaut im 13. Jahrhundert, sonst finden sich jedoch keine gesicherten Angaben über Personen zu dieser Ruine. Manche Überlieferungen sprechen von einem Kloster, manche von einer Kirche – eventuell die St. Margarethen-Kirche, die aber auch an anderen Plätzen vermutet wird – oder einer Burg. Spannend ist es auf jeden Fall und ehrlich gesagt: wir lieben Ruinen und ihre Geschichte. Und am meisten die Gschichtln rundherum, die ich dann zu Hause im Internet oder meinen Büchern suche und beim Kaffee Gerald damit unterhalte. Alles, was die Phantasie anregt und uns Raum zu Spekulationen schon beim Wandern bietet, ist bei uns beiden sehr, sehr begehrt. Das Vorstellen, was da früher war, wie es ausgesehen hat und was hier so alles passiert ist, welche Menschen da waren… herrlich, wir lieben es!
Weiter geht es gerade aus dem Fluss entlang, die Ruine Gars ist schon in unserem Blickfeld und so können wir abschätzen, wie lange wir noch für den weiteren Weg brauchen. Geradeaus zu unserem Auto bringt uns dieser Weg, perfekt. Hungrig sind wir, Nachmittag ist es geworden. Wer uns kennt, der weiß, wo wir jetzt hin wollen: ja, zur Graselwirtin. Es gibt ja bei uns, die wir gerne einkehren nach einer Wanderung, oft das Problem mit der warmen Küche: zwischen 14:00 und 17:00 schaut es gerne schlecht aus. Nur zur Mittagszeit schaffen wir es nicht und abends ist es uns dann zu spät. Dann haben wir die Graselwirtin für uns entdeckt: den ganzen Tag warme Küche – und leckere Hausmannskost noch dazu!