Gippel und Göller - zwei Berge, so nah beisammen und verbunden wie Geschwister und doch so unterschiedlich. Welcher ist der schönere, welchen lieben wir mehr? Ich vergleich das als stolze Mutter gerne mit unseren wundervollen Söhnen: einer blond, einer dunkel - aber beide wunderschön und bestens gelungen. So ist es für mich auch mit Gippel und Göller - beide bieten charmante Steige, herrliche Aussichten, ein hübsches Gipfelkreuz und alpines Feeling. Ich liebe beide und besuche sie immer wieder gerne! Diesmal geht es auf den Gippel über den vom Start weg (und das verbindet auch beide: der Weg ist vom Anbeginn an wunderschön) herrlichen Treibsteig durch das Gippel Törl zum Gipfelkreuz. Und da ich ja zu Beginn von unseren Söhnen schwärmte: einen davon, den blonden, treffe ich beim Gipfelkreuz - er erklimmt zuerst den Göller und wandert zu mir herüber. Eine ebenso spannende wie anstrengende Variante für diejenigen unter euch, die beide Berg-Brüder besuchen wollen.
Kurzfassung
Weglänge: 15,6 km
Höhenmeter Anstieg: 982 hm
Durchschnittliche Gehzeit: 7:09 - bedenkt hier immer, dass dies die reine Gehzeit ohne Pause ist! Am besten mal mit diesen Werten (und genügend Pufferzeit) vergleichen und so seine eigene Durchschnittszeit berechnen, kann schneller, aber natürlich auch langsamer sein!
Schwierigkeit: die gesamte Wanderung findet auf einem Steig statt. Mal ist es steinig, mal sind es die Wurzeln, die heraus schauen. Alles bei normaler Trittsicherheit kein Problem, konzentriert gehen und auf den Weg achten reicht völlig aus. Es ist von Beginn an wunderschön!
Kondition: die Steigungen sind recht angenehm, aber durch die gesamten Höhenmeter und die Streckenlänge doch fordernd. Da die Wanderung aber über weite Teile im Schatten verläuft, ist es sehr angenehm. Es ist nie extrem steil und fordernd.
Markierung: sehr gut markiert
Weg-Alternativen: Aufstieg von der Herzerl-Mitzi aus - dieser Weg mündet dann später in den Treibsteig ein. Oder über den Preinecksattel weiter östlich hoch und dann über den Treibsteig hinunter.
Aufstieg Göller und dann zum Gippel über den Schnalzstein. Entweder mit zwei Autos oder am Weg Schlüsselübergabe. Oder - wie ich es mit unserem Sohn gemacht habe - einer kommt vom Göller und der zweite steigt am Gippel auf, Treffpunkt Gipfelkreuz oder Hütte
Parken: Zögernitz am Beginn der Wanderweges entlang vom Zaun.
Link: Parken
Landschaft/ Erlebnis/ Fotografie: so unglaublich schön, der Steig umrahmt von Blumen entlang der schroffen Felsen, 5-Sterne-Tour
Einkehr/ Rast: am Gipfel mit Rundumsicht auf die Gebirgslandschaft und bis in die Ebene
Die bewirtschaftete Gippel-Alm hat laut Aushang am Mittwoch Ruhetag. Aufgrund des unsicheren Wetters sind wir nicht mehr zur Alm abgestiegen.
Tipp: Die Wanderung verläuft oft im Schatten der Bäume und im Norden - auf dem Steig liegt sicher länger Schnee und kann es auch früher eisig sein.
Hunde/Alm/Kühe: durch das Gippel-Törl betritt man die Alm. Es geht gleich danach rechts hoch steil zum Gipfel. Ich hörte nur die Glocken der Kühe, gesehen habe ich keine. Aber sie könnten auch in diesen Bereich, glaube aber, dass es ihnen dort zu steil ist.
Bei der Wanderung vom Göller zum Gippel hat unser Sohn öfters Kühe getroffen, teilweise waren sie auch recht nahe aufgrund der Lage des Weges.
Link zum GPS-Track
Beschreibung der Wanderung
Mit dem Auto geht es ins Traisental und dann weiter Richtung St. Aegyd. Dort biegen wir links nach Weißenbach zum Gehöft Zögernitz ein. Es sind schmale Straßen, denen wir folgen, schon jetzt begleiten mich die gelben Wanderwegweiser mit meinem Ziel "Gippel". Einmal heißt es aufpassen: rechts geht es zur Herzerl-Mitzi (bekannt für ihre genialen Lebkuchenherzen), wir bleiben aber links. Nun ist es nur mehr ein kleines Stück, dann biegen wir rechts auf den Forstweg ein, wo wir entlang des Zaunes parken. Hier startet auch der Wanderweg zum Gippel.
Es ist nur ein klitzekleines Stück auf der Forststraße, dann beginnt der Treibsteig. Nichts gegen Forststraßen, aber ein feiner Wald-Wurzel-Stein-Steig ist einfach malerischer fürs Auge und angenehm für die Füße, auch wenn man deutlich mehr aufpassen muss. Die kleinen Fußmuskeln und unsere Trittsicherheit werden gefordert und müssen arbeiten - im normalen Alltag mit Büro und Asphalt-Straßen passiert das meist viel zu wenig.
Eigentlich könnte ich mich nun zurücklehnen und schreiben: Jetzt einfach der perfekten Markierung bis zum Gipfel folgen. Ja, ihr würdest mit Sicherheit zielsicher oben ankommen. Aber - und das ist ein dickes Aber - ich muss von diesem Steig erzählen, der eine Augenweide ist, vom Beginn bis zum Durchschreiten des Gippel Törls. Der Gippel schaut von unten so rau aus, so schwierig und wild, dass er auf Wanderer wie mich, die ein wenig Höhenangst haben, abschreckend wirken kann. Keine einzige Stelle, kein einziger Tritt und kein einziger Ausblick waren für mich ein Problem. Der Steig schmiegt sich an den Berg und bringt den Wanderer sicher nach oben. Von unten drängt sich vielleicht der Gedanke auf: Wo soll da ein Weg hochgehen? Er geht hoch, angenehmer und perfekter angelegt könnte er nicht sein. Also für alle, die überlegen und ein wenig zaudern: normale Trittsicherheit und gutes Schuhwerk reichen aus, um diesen Berg zu besteigen.
Der Treibsteig startet geschützt von Bäumen als Waldpfad. Zahlreiche Schneerosen- und Maiglöckchenblätter umrahmen ihn und versprechen zur Blütezeit eine weiße Pracht. Es ist ein längeres, überaus angenehmes Wegstück, das uns bis zu einer Forststraße bringt. Diese überqueren wir und gleich gegenüber geht es weiter. Zuvor begeistert uns aber der Ausblick - Göller in der Ferne und Gippel vor uns. Herrlich!
Der Steig geht immer weiter bergauf, bis wir wieder zu einer Forststraße kommen. Hier gibt es derzeit wegen Holzarbeiten eine Umleitung - sie ist perfekt angezeichnet und führt auf dem Forstweg nach rechts bis zu einer engen Kehre und dann wieder zurück. Der Vorteil im Vergleich zum Steig sind die sanften Höhenmeter, der Nachteil ist die Länge. Unsere Wanderung kann ungehindert fortgesetzt werden, das ist fein! Noch etwas Besonderes zeigt sich uns auf diesem Umweg: Unmengen an gelben Fingergut, ganze Wiesen voll. Noch nie sahen wir so viele Fingerhüte auf einmal. Je länger wir hier spazieren, desto sicherer sind wir uns, dass wir noch nie so viele wie heute sahen.
Am Ende der Umleitung geht es wieder auf den Treib-Steig. Gibt es keine Umleitung, dann überquert ihr die Forststraße und geht nur auf Steigen. Immer wieder zeigt sich der Gippel mit seiner wilden Seite und mittlerweile sind wir so hoch, dass die Ausblicke auf die Bergwelt ringsum häufiger werden. Nach einiger Zeit und so einige Höhenmeter mehr sind wir außerhalb des Waldes und gehen über einen relativ frisch gerodeten Hang voller Blumen. Der Steig ist ganz schmal und wird offenbar nicht so häufig begangen, da Blumen und Gräser in den Wegverlauf hängen. Schaut euch genau um: der Fingerhut wechselt mit dem gelben Eisenhut. Beim Aufstieg hab ich das übersehen. Erst unser Sohn Wolfram, der beste Botaniker der Familie, machte mich darauf aufmerksam. Es ist überaus spannend. Im unteren Abschnitt kommen beide vor, dann nur Fingerhut und im obersten Bereich nur Eisenhut. Eines verbindet die beiden abgesehen von ihrer Schönheit und besonderen Form: sie sind sehr giftig! Also nicht angreifen.
Der letzte Abschnitt bis zum Gippel-Törl ist für mich der schönste Teil: eng schmiegt sich der Steig an den Hang, oftmals neben Felsen. Umrahmt von Alpendost und Alpen-Milchlattich. Was für ein Farbenspiel, das Grün der Blätter, die Violett-Töne der Blüten und das Grau der Felsen. Es ist jetzt der ideale Zeitpunkt,alles blüht und macht die Natur noch strahlender. Die Höhenmeter gehen unter im Staunen über die Schönheit von Mutter Natur. Ungeahnt schnell ist das Gippel-Törl erreicht.
Wie ein echtes Gartentor lässt es sich öffnen. Dahinter liegt eine großzügige Weide und ein wenig weiter unten Richtung Tal die Almhütte. Rechts hinauf führt der Weg zum Gipfel. Es ist ein felsiger Abschnitt, durch den ein schmaler Steig führt. Keine Kraxelei, aber hin und wieder nehme ich die Hände ein wenig zu Hilfe. Nach dem ersten Anstieg geht es recht eben dahin, bis es die letzten Meter zum Gipfelkreuz wieder etwas steiler wird. Latschen umrahmen den Weg und mit ihnen kommt der so typische Geruch, den wir so lieben. Da ist es schon: das Gipfelkreuz. Ringsum genügend Platz für die Pause, dabei ein herrlicher Rundblick in alle Himmelsrichtungen.
Im Westen lacht der Göller herüber und ich suche einen kleinen farbigen Punkt auf den Bergkämmen - wie weit mag Wolfram schon sein? In der Zwischenzeit genieße ich meine Jause, plaudere mit anderen Wanderer und entspanne in dieser einzigartigen Umgebung. Dann kommt er auch schon, noch etwas außer Puste, aber bester Dinge - er hat den Göller-Aufstieg und die Überquerung in famoser Zeit geschafft. Mich freut es besonders, die Liebe zu den Bergen, zur Natur und zum Wandern an die Söhne weitergegeben zu haben. Nach einem gemeinsamen Gipfelfoto und einer Pause beginnen wir mit dem Abstieg. Die Hütte lassen wir lieber aus, da die grauen Regenwolken immer dichter werden. Unser Weg ist der selbe, den ich schon beim Aufstieg gewählt habe. Wir haben Glück, der Regen kommt erst ganz zum Schluss. Bei den angenehmen Temperaturen genießen wir die kleine Abkühlung richtig. Besonders, da der Wald im letzten Abschnitt nun nach Schwammerl riecht. Beim Auto ist es auch schon wieder vorbei mit den Tropfen. Noch ein Blick zurück zum Gippel: ja, rau und wild schaut er herüber, ein imposanter Berg! Und ein sanfter, mit bunten Blumen, Schmetterlingen und ganz, ganz viel Charme!