Das ist sie, die erste Nacht der Mitternachtssonne. Einfach unglaublich. Es bleibt Tag, die Sonne scheint vom Himmel, als wäre es um die Mittagszeit.
Klar, hier auf Spitzbergen gibt es wirklich dichte Vorhänge. Du musst also keine Sorge haben, wenn du willst, dann kannst du im Dunklen schlafen. Es ist eher ein wenig komisch, da wir das Zeitgefühl verlieren. Ist es schon Zeit zum Schlafengehen?
Vogelgezwitscher weckt mich auf, ein Blick auf die Uhr: 3:30. Also noch ein wenig weiterschlafen.
Das Frühstück im Radisson Blue ist herrlich norwegisch, mit allem, was dazu gehört. Vom Knäckebrot über Lachs bis zum dunkelgelben Schnittkäse, den Gerald hier immer nimmt. Eigentlich schmeckt er ihm gar nicht so gut, aber er gehört für ihn zu Norwegen wie Polarlicht, richtig weißer Schnee und Rentiere!
Danach bleibt uns noch Zeit, die Stadt weiter zu erkunden. Es ist heute sonnig und die Temperaturen sind für diesen Breitengrad mehr als moderat. Das Mittagessen im Radisson ist ein Highlight.
Nicht wegen des leckeren Lachs, es ist der Ausblick, der uns begeistert. Der Speisesaal ist wie ein Rondell angelegt mit großer Fensterfront, der Blick direkt auf das Meer und die schneebedeckten Berge dahinter. Ein Ort zum Träumen!
Bustour ins Svalbard-Museum und ins Camp Barentz
Am frühen Nachmittag geht es auf eine kleine Sightseeing-Tour mit einem Bus. Der erste Stopp ist im Museum. Ein moderner Bau mit viel wohl riechendem Holz. Die Ausstellung ist stimmungsvoll und bietet einen guten Einblick in das Leben hier auf Svalbard und seine Geschichte. Lustig, aber verständlich: auch hier ziehen wir wie in der Kirche die Schuhe aus. Alternativ gibt es OP-Überzieher für die Schuhe. Ein kleiner angeschlossener Shop bietet hübsche Erinnerungsstücke!
Mit dem Bus fahren wir weiter ins Tal hinein. Ein kurzer Foto-Stopp ist beim ersten Warnschild vor Eisbären. Ab hier darf man nur mehr mit einem Guide oder bewaffnet weiter gehen. Kurz darauf sehen wir eine Wanderin, ein Gewehr um die Schultern gelegt. Für uns Österreicher ein spannender Anblick, hier jedoch nichts Außergewöhnliches.
Entlang der Straße liegen immer wieder Schlittenhunde-Farmen. Riesige Käfige mit Hundehütten, oft mit einer zweiten Ebene für die Hütte. Bei dem Matsch, der gerade jetzt während der Tauzeit herrscht, sicher fein für die Hunde. Für mich als Hundebesitzerin ein komischer Anblick, wenn die Hunde so alleine im Rudel (Ja, das ist ein Widerspruch, da sind sie ja nicht alleine. Aber ich mein das in Hinblick auf Frauli und Herrli) in den Käfigen leben. Unser Guide erklärt uns, dass es hier viele Schlittenhunde gibt. Die Ausfahrten im Winter seien sehr beliebt bei den Touristen.
Apropos Guide: es ist ein Amerikaner, dem es hier so gut gefallen hat, dass er samt Freundin „hängen“ geblieben ist. Mittlerweile hat er seine Freundin geheiratet und fühlt sich hier pudelwohl. Er liebt das karge Land im äußersten Norden Europas.
Camp Barentz - ab in die Wildnis!
Unser nächster Stopp ist bei einer Jurte und ein paar Holzhütten. Ein bewaffneter Guide erwartet uns direkt vor Camp Barentz. Klar, wir wissen es ja mittlerweile: wir sind außerhalb der sicheren Zone. Er zeigt uns den traditionellen Hundeschlitten und wie man ihn bedient. Dann besichtigen wir die Holzhäuser. Innen gemütlich mit Rentierfellen ausgelegt und einer Feuerstelle in der Mitte. Ja, hier ist es angenehm warm und gar nicht rauchig. Für uns gibt es einen wärmenden Tee, dann ist unsere Besichtigung auch schon zu Ende. In der Ferne sehen wir die ersten Rentiere weiden. Sehr hell ist ihr Fell, es mutet fast weiß an.
Es geht an Bord der MS Nordstjernen!
Nun ist es so weit: wir fahren zur MS Nordstjernen! Dem Moment, dem zumindest wir schon entgegen fiebern, seit wir auf Spitzbergen gelandet sind. Hübsch ist sie, die alte Dame. Genau das ist es, was wir lieben. Kein modernes Kreuzfahrtschiff, sondern eine Lady mit Charakter! Viel Holz, spannende Innengestaltung und schlichtweg ganz viel Charme!
Das Einchecken geht problemlos schnell. Wir zeigen unsere Impf-Zertifikate und den Covid-Test, bekommen unsere Kajütenkarten. Unser Koffer wird vom Personal auf das Schiff gehoben, dann übernehmen wir ihn wieder und machen uns auf die Suche nach 275. Auch wenn das Schiff nicht groß ist, beim ersten Mal ist es immer spannend, die Kabine zu finden. Ganz am Ende werden wir fündig. Türe auf - wow, doch größer als erwartet. Aber die Stockbetten, ob wir da beide hinein passen von der Länge her. Sie schauen so kurz aus, fast wie für Kinder. Eine kleine Couch und ein Waschbecken machen die Ausstattung perfekt. Wir haben uns für Dusche und WC außerhalb entschieden. Einerseits natürlich wegen des Preises, aber andererseits wegen des Gefühls. Ist doch noch mal eine Portion Abenteuer mehr, oder?
Koffer rein und schon geht es für uns raus an Deck. Die Abfahrt erleben wir gerne live, wenn die Fahne im Wind weht und das Horn tutet. So auch hier! Danach folgt eine kurze Sicherheitseinweisung. Die Rettungswesten haben sogar eine Kapuze. Ja, klar, dann bleibt wenigstens der Kopf warm, wenn der Rest erfriert. Und der Guide zeigt uns die Pfeife, mit der wir auf uns aufmerksam machen können. Augenblicklich denken wir an Titanic. Die Szene, wo die Pfeifen immer mehr verstummen, bis es im wahrsten Sinn des Wortes totenstill ist.
Die erste Zeit nach dem Ablegen bleiben wir an Deck oder setzen uns in einen der gemütlichen Sessel. Kaffee, Tee und Wasser (echt kaltes Wasser) gibt es den ganzen Tag und die Nacht, die keine Nacht ist, über. Das ist richtig klasse, wenn es von draußen etwas durchgefroren nach innen geht, ist ein heißer Tee oder Kaffee wirklich fein. So kalt wie hier das Wasser ist, so heiß sind Kaffee und Tee.
Bis zum Abendessen vertreiben wir uns die Zeit an Deck - und befolgen den Tipp der Guides, so wenig Zeit wie nötig am Zimmer zu verbringen und in den verschiedenen Salons die Aussicht zu genießen. Das Dinner wird serviert. Dabei fällt uns auf, dass wir nicht von der Stelle kommen und rund um einen Gletscher, unseren ersten auf dieser Fahrt, kreisen. Unsere Vermutung: man möchte uns diesen tollen Ort genauer zeigen. Stimmt nicht, die Geräte spinnen und hier, nahe der Stadt gibt es noch ein Internet. Es dauert insgesamt fast drei Stunden, dann dürfte alles in Ordnung sein und wir nehmen Fahrt auf. Beim Kreisen entdecken wir ein Walroß-Pärchen, das gemütlich auf einer Eisscholle liegt und sich streckt.
Die Nacht ist spannend, obwohl es richtig laut ist, schaukelt uns das Schiff so richtig in den Schlaf. Wir hören die Motoren, aber auch wenn es uns zuerst etwas beunruhigt, ist es kein Problem in den Schlaf zu finden. Die See ist schön ruhig und so kann der Kapitän die Verspätung aufholen.
Ach ja: die Sonne scheint. Immerzu. Was für ein Schauspiel, überwältigend! Das Weiß der Berge strahlt leicht golden, das Meer glitzert in zahlreichen Blautönen und die Berge zeigen ihre Schroffheit. Ein karges Land, ein Land voller Kontraste. Ein Land, das uns verzaubert!