Alpen wandern: Ötscher über den Rauhen Kamm im Sonnenaufgang
Seine prägnante Form ist einzigartig. Immer wenn wir von St. Pölten „in die Berge“ schauen, dann bleibt unser Blick bei ihm stehen und ein leiser Seufzer dringt über unsere Lippen. Einmal im Jahr wollen wir oben stehen, auf dem Vaterberg, dem Ötscher! Das gehört zum Jahreskreis dazu!
Mit seinen 1893 Meter thront der Ötscher majestetisch über Niederösterreich. Viele Geschichten und Sagen ranken sich um ihn. So sollen hier Geister, Hexen und sogar Pilatus als Fisch zu Hause sein. Das Geldloch soll immense Schätze tief drinnen im Berg verbergen.
Rund 26.000 Meter Länge besitzt das Ötscher-Höhlensystem und ist somit das längste von ganz Niederösterreich! Auch wenn die vielen Expeditionen seit den ersten unter Kaiser Rudolf II. keine Schätze finden konnten, eines sind die Höhlen und der gesamte Ötscher mit Sicherheit, ein Naturwunder!
Wenn am Rauhen Kamm das Wetter blitzschnell wechselt, kalter Wind von unten nach oben weht. Die Nebelschwaden an einem vorbeijagen und die Wolken von oben nach unten wandern. Dann fühlt man sich, als wäre man in einem Kessel, in dem die Hexen einen Zaubertrunk brauen. Ja, so mitten in den Naturgewalten, da werden Sagen plötzlich gut vorstellbar.
Nirgendwo anders am Ötscher als am Rauhen Kamm fühlt man die Kraft des Berges und der Natur intensiver als bei einem Wetterwechel. Hier sind die Wolken nicht über dir, sondern du bist mittendrin! Selbst die besten Wetterprognosen können sich schnell ändern, der Ötscher schreibt seine eigenen Geschichten. Daher immer für alle Wetterlagen gerüstet sein und ein waches Auge auf die Natur ringsum!
Schon oft am Tag zu allen Jahrezeiten sind wir zu seinem Gipfel gewandert. Ende Oktober möchte ich den Sonnenaufgang vom Rauhen Kamm aus erleben. Muss also im Dunkeln starten und mitten in der Nacht in St. Pölten los fahren. Ja, das ist mir dieses Erlebnis wert. Und danach werde ich sagen: „Mehr als wert!“
Kurzfassung der Wanderung Ötscher über den Rauhen Kamm
Weglänge: 19,5 km
Höhenmeter Anstieg: 1187 hm
Durchschnittliche Gehzeit: 8:46 – bedenkt hier immer, dass dies die reine Gehzeit ohne Pause ist! Am besten mal mit diesen Werten (und genügend Pufferzeit) vergleichen und so seine eigene Durchschnittszeit berechnen, kann schneller, aber natürlich auch langsamer sein!
Schwierigkeit: Die Tour setzt eine gute köperliche Fitness voraus, auch Kletterpassagen müssen überwunden werden. Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und alpine Bergausrüstung ist sehr zu empfehlen.
Wenn es feucht ist, wird der Fels sehr rutschig. Ich benutze in solchen Fällen sehr gerne meine Wanderstöcke.
Kondition: Kilometer und Höhenmeter sagen alles, oder? Der Raue Kamm und der Abstieg zum Lift verlangen hohe Konzentration. Die Tour kann man vereinfachen, indem man das erste Stück mit dem Wandertaxi bis Raneck fährt und talwärts den Sessllift wählt.
Markierung: sehr gute Markierung
Parken: Am großen Parkplatz in Lackenhof, direkt neben dem Lift
Link: Parken
Landschaft/ Erlebnis/ Fotografie: Der Rauhe Kamm zählt für mich zu den schönsten Abschnitten auf den Bergen in Niederösterreich
Einkehr/ Rast: Es gibt ein Schutzhaus bei der Bergstation des Sesselliftes. Am Gipfelkreuz des Ötschers ist eine schöne recht ebene Fläche, perfekt zum Rasten. Bevor der Aufstieg auf den Rauhen Kamm beginnt, also nach dem ersten Abschnitt im Wald , findest du eine weitere schöne Raststelle.
Beschreibung wandern Rauher Kamm auf den Ötscher
1:00 der Wecker klingelt, motivert hüpfe ich aus den Federn. Schnell brühe ich mir einen frischen Filterkaffee und fülle diesen in eine Thermoskanne. Dann schnappe ich mir meinen Rucksack und schon geht es mit dem Auto nach Lackenhof.
Die Fahrt durch die Nacht war sehr ruhig und angenehm. In Lackenhof angekommen habe ich die freie Wahl des Parkplatzes. Nichts los, so mitten in der Nacht.
Im ersten Abschnitt gehe ich von Lackenhof nach Raneck. Das erste Teilstück ist rund 2,5 Kilometer lang und geht etwas bergauf. Hier spiele ich mit der optimalen Lichteinstellung meiner Stirnlampe und entscheide mich für die schwächste Stufe. So kann ich den Weg noch sehen, leuchte aber die Nacht nicht zu sehr weg.
Meine Augen haben sich bereits nach kurzer Zeit an die Dunkelheit gewöhnt. Ich drehe die Stirnlampe ganz ab um die Nacht richtig zu spüren. Fein ist es, so ruhig und einsam mitten in der Natur.
TIPP Wandertaxi
Für alle die sich den Weg von Lackenhof nach Raneck ersparen wollen, gibt es ein Wandertaxi
Von Raneck zu Abzweigung zum Rauhen Kamm
Nach dem kleinen Ort Raneck komme ich zu einem Schranken mit einem kleinen Kasten. In diesem kann man sich in Form einer Geldspende für den tollen Wegerhalt bedanken.
Jetzt geht es über eine Forststraße einige Zeit flott voran. Je weiter ich gehe, desto weniger Lichtverschmutzung ist da. Man kann die Sterne am Nachthimmel sehr gut sehen. Öfter beleibe ich stehen und genieße die Stille, diese wird an wenigen Stellen von plätscherndem Wasser umrahmt.
Abzweigung auf den Rauhen Kamm
Auf der rechten Seite des Weges taucht in der Nacht ein Schild auf, die Abzweigung ist da! Ab jetzt geht es bergauf. Bergauf und bergauf, durch den Wald hindurch. Öfters beleibe ich stehen um die Wegmarkierung zu suchen und zu finden, denn es ist sehr finster. Als Städter vergisst man ja, wie dunkel die Nacht sein kann.
Ungefähr auf der Hälfte des Anstieges wird es heller. Ich kann ganz leichte Farben und Konturen im Tal erkennen. Der Weg durch den Wald dauert schon so seine Zeit. Es ist zwar kein schlechter Wegabschnitt, jedoch auch nicht besonders spannend. Noch während ich aber über seine Länge nachdenke, ist er plötzlich zu Ende. Ich muss grinsen. So geht es mir hier meistens. Innerlich schimpfe ich gerade ein bisschen und schon ist der Schluss da.
Der Wald ist zu Ende und ich stehe auf einem Plateu mit Latschen und einem Blick auf den noch nächtlich umhüllten Ötscher. Der erste perfekte Pausenplatz! Am Tag hab ich mich hier schon öfters hingesetzt und ein wenig die Sonne genossen, bevor es hoch über den Rauhen Kamm geht. Heute betrachte ich den klaren Sternenhimmel.
Sonnenaufgang am Rauhen Kamm am Ötscher
Jetzt geht alles sehr schnell, es kommt Wind auf. Kalter Wind, der über das Tal zum Gipfel jagt. Und dieser hat die Bodennebel mit im Gepäck und legt sie über den Gipfel eine sehr mystische und fesselnde Stimmung.
Nebelschwaden jagen an mir vorbei, ich kann ihn fühlen, den Berg, wie er erwacht.
Am Himmel beginnt die Sonne die Wolken von unten in feuerroten Farben zu beleuchten, davor spielen die Nebel am Kamm des Ötschers.
Jetzt verändert sich die Lichtstimmung von dunkelblau und düster auf gelborange und sanft. Schlagartig ist es warm und der Wind hört auf.
Die Sonne steigt nun schnell über die Wolken. Ich wandere weiter, an einem geschützten warmen Platz mache ich eine Pause und genieße die Sonnenstrahlen.
Rauher Kamm – Gipfel
Der kalte Wind hat sehr feuchte Nebel auf den Berg gebracht. Die Steine sind sehr nass und ebenso rutschig. Ich bin sehr froh über meine Wanderstöcke. Sie geben mir zusätzlichen Halt. Sehr vorsichtig und konzentriert setze ich meine Wanderung fort.
Im oberen Drittel sehe ich auf einmal eine Gämse, ein sehr großes und schönes Tier. Ich bewundere ihre extrem sichere und schnelle Fortbewegung im Gebirge.
Schon bin ich auf der Hochebene, der Rauhe Kamm liegt hinter mir. Nun ist es nur mehr ein Katzensprung oder für hier besser passend Gämsensprung zum Gipfel.
nach dem Rauhen Kamm am Gipfel vom Ötscher
Ich gehe zum Gipfelkreuz und denke mir so: „Heute bin ich der erste und so schnell kommt jetzt keiner hierher.“
Quark mit Sahne, da habe ich falsch gedacht, nach kurzer Zeit ist der Gipfel richtig voll, da hätte ich jede Wette verloren.
Gipfel Ötscher – Schutzhaus – Lift
Nun geht es bergab Richtung Schutzhaus. Hier kannst du verschiedene Wege gehen. Ich wähle jenen durch die Latschen, da die Steine noch immer sehr rutschig sind. Ich mag Latschen, finde die wechselnden Blickpunkte durch die Mini-Bäume sehr spannend.
Am unteren Teil des Weges bieten Bankerl die Möglichkeit zur Rast und spannenden Fernrohre außergewöhnliche Weitblicke.
TIPP Sessellift: Jetzt gibt es die Möglichkeit mit einem Sessellift die Fahrt ins Tal zu machen, mit der Niederösterreich Card ist dies sogar gratis möglich.
Link zum Lift und Öffnungszeiten
Link zur Niederösterreich Card
Schutzhaus – Lackenhof
Ich fahre gerne mit dem Lift, aber heute gehe ich zu Fuß ins Tal. Der Weg geht entlang der Skipiste mitten ins Herz von Lackenhof. Zurück beim Auto bin ich müde, aber sehr glücklich diese unglaubliche Morgenstimmung am Rauhen Kamm erlebt zu haben.
Fazit der Wanderung
Die ganze Runde ist konditionell gesehen sportlich mit kleinen Kletterpassagen. Der Rauhe Kamm ist einer der schönsten Bergabschnitte in Niederösterreich. Das ganze in der morgentlichen Stimmung zu erleben, ist einzigartig. Jedoch muss hier auch gesagt sein, dass zu dieser Tageszeit die Steine sehr rutschig sind und man sich im alpinen Gelände bewegt. Hier ist Vorsicht und Respekt oberste Prämisse. Im Laufe des Tages trocknet die Sonne den Weg und der Grip wird wesentlich besser.